Unter den großen Tech-Konzernen hinkt Meta in Sachen Künstlicher Intelligenz eher hinterher. Ein neuer Deal soll das jetzt offenbar ändern. 14,3 Milliarden US-Dollar investiert Meta in das KI-Unternehmen Scale AI, um 49% der Unternehmensanteile zu kaufen. Bei Scale AI handelt es sich um eines der führenden Unternehmen was die die Erstellung von Trainingsdaten für KI-Modelle angeht.
Wir erklären euch das Geschäft von Scale AI und warum das Unternehmen für seine Geschäftspraktiken bereits umstritten ist. Außerdem gibt es auch schon Reaktionen anderer namhafter Kunden auf die Quasi-Übernahme durch Konkurrent Meta.
Was ist Scale AI?
Scale AI wurde 2016 von Alexandr Wang und Lucy Guo gegründet, nachdem beide bei Quora gearbeitet hatten und ihr Studium zu Gunsten der Start-up-Gründung abgebrochen haben. Scale AI positioniert sich als wichtiger Wegbereiter für Künstliche Intelligenz, indem es hochwertige, annotierte Daten – von Bildern und Text über Audio bis hin zu 3D-Sensor- und LiDAR-Daten – für das Training moderner KI-Modelle zur Verfügung stellt.
Ursprünglich im Bereich autonomes Fahren aktiv – mit Partnern wie Toyota, General Motors und Uber – hat Scale AI das Angebot auf verschiedene KI-Domänen ausgeweitet. Heute zählen auch große KI-Unternehmen wie OpenAI, Microsoft, Meta, Samsung und Regierungsbehörden (u. a. US-Verteidigung) zu den Kunden. Für 2025 ein Jahresumsatz von fast 2 Mrd. US-Dollar prognostiziert – der Wert ergibt sich aus der wachsenden Nachfrage nach qualitativen Trainingsdaten.
Diese sind nämlich oft der Flaschenhals in der KI-Entwicklung. Der Bedarf an qualitativ hochwertigen Trainingsmodellen ist immens hoch, weil sie die Grundlage sind, um immer bessere Modelle auch entsprechend zu trainieren. Durch die Verbindung von maschinellem Vorannotieren und menschlicher Feinjustierung kann Scale AI (entsprechend des Namen) seinen Output sehr hoch skalieren ohne bei der Qualität Abstriche zu machen.
Skalierbare Workflows, vielfältige Datenquellen und die Fähigkeit, Sicherheits-/Bias‑Tests durchzuführen, haben Scale AI sich als eine wesentlichen Stütze moderner KI-Infrastruktur platzieren lassen.
Remotasks – Lohndumping im großen Stil
Trotz der automatisierten Vorarbeit benötigt die Aufbereitung der Daten trotzdem auch viel menschliche Arbeitskraft. Die erhält Scale AI vor allem über ihre eigene Crowdworking-Plattform Remotasks. Über diese Plattform koordiniert das Unternehmen seine Remote-Arbeiter, die von Zuhause aus die Feinjustierung der Daten übernehmen. Auf dem Papier klingt es beeindruckend: Mehr als 240.000 Tasker in über 90 Ländern, von überall arbeiten und wöchentlich bezahlt werden. Das Geschäftsmodell sorgt aber für reichlich Konstroversen. Remotasks beschäftigt seine „Tasker“ nämlich meist außerhalb stabiler Arbeitsverhältnisse.
Die Bezahlung erfolgt daher stückweise – oft für wenige Cents oder Euro pro Aufgabe. Das Geschäftsmodell erlaubt es Remotasks Mindestlöhne zu umgehen, mit dem zusätzlichen Vorteil dass die Remoteworker als Selbstständige auch für ihren Arbeitsplatz selbst aufkommen. Hinzu kommen auch viele Remote-Arbeitskräfte aus Billiglohnländern. Trotz der Größe der Plattform gab es außerdem auch wiederholt Probleme mit verspäteten Lohnauszahlungen.
So berichtete etwas das Business & Human Rights Resource Center von digitalen “Sweatshop”-Bedingungen in den Philippinen. Von 36 befragten Freelance-Arbeitern gaben 34 an, dass sie verzögerte, verringerte oder nichterhaltene Bezahlungen nach einer abgeschlossenen „Task“ hatten. Zudem sind die Bezahlungen der Tasks mit Expansion nach Indien und Venezuela deutlich niedriger geworden.
Meta investiert 14,3 Milliarden US-Dollar in Scale AI
Im Juni 2025 gab Meta bekannt, dass sie 49% der Anteile an Scale AI für rund 14,3 Milliarden USD übernimmt – der Deal bewertet das Unternehmen somit auf etwa 29 Milliarden USD. Das man das Unternehmen nicht aufkauft, hat vermutlich strategische Gründe. Die 49% gelten noch als nicht stimmberechtigte Minderheitsbeteiligung, was regulatorische Hürden beim Deal deutlich verringert.
Mit diesem Schritt strebt Meta klar an, seine KI-Kompetenzen aufzubauen und zu beschleunigen. Das Unternehmen hatte mit Llama 4 und seinem AGI‑Ambitionen bereits Rückschläge erlebt und verlor in der Zwischenzeit Talente – nun sichert man sich mit Wang eine zentrale Person. Meta sieht Scale als Schlüsselpartner, um hochwertigste Trainingsdaten zu erhalten – wichtig für ihre Superintelligenz-Pläne.
Zum Deal gehört auch, dass Scale-CEO Alexandr Wang zu Meta wechselt, um dort ein neues „Superintelligence“-Labor zu leiten – er bleibt jedoch im Board von Scale vertreten. Der bisherige Chief Strategy Officer, Jason Droege, übernimmt derweil Interimsgeschäftsführer-Aufgaben bei Scale.
Scale profitiert beim Deal natürlich von vor allem von dem großen Kapitalboost und der durch den Deal quasi verdoppelten Firmenbewertung. Mit Meta hat man zudem einen hauseigenen Großkunden an sich gebunden. Gegenüber anderen Partnern muss Scale dafür aber beweisen, dass sie trotz Meta-Beteiligung ein vertrauenswürdiger, unabhängiger Partner bleiben.
Auswirkungen & Reaktionen
Metas bedeutende Investition in Scale AI wirkt wie ein Paukenschlag – denn sie verändert die Machtverhältnisse für KI-Daten. Deutlich wird das an den Reaktionen der Meta-Konkurrenten. Insbesondere Google, bis dato größter Scale-Kunde mit etwa 200 Mio USD Jahresvolumen, kündigte an, seine Verträge zu beenden. Man möchte kein Risiko eingehen, Meta Zugang zu sensiblen Daten zu geben. Auch Microsoft und xAI sollen ihre Bindung zurückziehen.
Dieser Exodus scheint also ausgerechnet für die Konkurrenten von Scale AI neue Türen zu öffnen. Unternehmen wie Turing, Labelbox, Handshake und Appen melden einen sofortigen Anstieg der Nachfrage – Turing sprach gar von einem „watershed moment“, Labelbox rechnet mit „hunderten Millionen zusätzlichen Umsatz“ bis Jahresende. OpenAI kündigte zwar an, bei Scale zu bleiben, aber auf der VivaTech Conference in Paris betonte OpenAI CFO Sarah Friar trotzdem, dass man für Daten ohnehin mit mehreren Anbietern zusammenarbeitet.
Für Meta ist der Schritt strategisch: Die Integration von Scale eröffnet Zugang zu wertvollen menschlichen Daten‑Annotationskapazitäten, die für Superintelligenz-Modelle entscheidend sind. Für Scale muss sich zeigen, ob ein sicherlich erhöhtes Auftragsvolumen durch Meta ausreicht und ob einige wichtige Akteure bei der Konkurrenz bleiben oder doch langfristig auf die Trainingsdaten von Scale AI angewiesen sind.
Image via ChatGPT (KI-generiert)
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